(bzgl. der Zentrale, wo "genosse 632" fährt)
Fixer-Fixie hat geschrieben:
hab auch gehört das es bei euch heftigst am service hapert und ziemlich viele kunden verkackt werden.
Servicedefizite bei größeren Kurierzentralen muss man ziemlich differenziert betrachten.
1. Welche Fahrzeugart?
2. Fahrerzahl ausreichend?
3. Fahren die Fehrer auch serviceorientiert?
4. Allgemeine Situation in der Stadt?
zu 1.: Generell gibt es in der Stadt einen krassen Mangel an Autokurieren. Und größere Fahrzeuge (jenseits Caddy, also Bus/Trapo) sind nochmal ein ganz spezielles Thema. Demgegenüber gibt es bei allen Zentralen, die nennenswert Radtouren haben, eigentlich genug Radfahrer. Weil es mehr willige Radkuriere am Arbeitsmarkt gibt als Autokuriere. Das hat einerseits mit Imagefaktoren zu tun, zum anderen schlicht und ergreifend mit dem Betriebskostenapparat. Wer versucht, sich als Radkurier zu verdingen, hat erstmal "nur" das Risiko, Arbeitszeit in den Sand zu setzen. Wer als Autokurier anfängt, womöglich mit einem großen Fahrzeug, hat einen ganz handfesten Kostenapparat. Und die effektive Kilometer-Rendite bei den Motorisierten ist durch Spritverbrauch, Reparaturkosten usw. erheblich niedriger.
zu 2.: Zentralen, die die Fahrerzahl knapp halten, sind bei Lastspitzen tendenziell anfälliger für Serviceprobleme. Dafür bieten diese Zentralen ihren Fahrern eine bessere Auslastung.
zu 3.: Abhängig vom Vermittlungsverfahren werden Touren entweder aktiv vom Dispoplatz aus vergeben, oder es wird nach dem Prinzip der Selbstorganisation gearbeitet, d. h. Blocklesung, Fahrer rufen auf Touren, Freistellverfahren. Bei Zentralen mit "aktiver" Dispo hängt der service level von der Qualität der Arbeit des Disponenten ab und natürlich auch von 2. Bei Zentralen, wo die Fahrer selbst auf Touren rufen, haben diese selbst einen starken Einfluß auf den zum Kunden hin gebotenen Service. Wenn jemand von Kreuzberg aus 'ne Tour im Westend ruft und sagt "ich bin in 10 Minuten da", dann maximiert er vielleicht seinen Gewinn, weil er sich eine gute Auslastung verschafft (wenn z. B. eh noch mit Sendungen Richtung City unterwegs). Der Kunde guckt aber in die Röhre. Solche Fahrer gibt's bei jeder Zentrale, bei der nach Tourenruf-Verfahren gearbeitet wird. Und wenn eine Zentrale viele Fahrer hat, die "bescheißen", dann leidet der Service insgesamt.
zu 4.: speziell Donnerstag/Freitag ging in der Stadt mal so richtig gar nichts. Donnerstag kam niemand gescheit voran, die Touren lagen ewig rum und mußten brachial kombiniert werden, um die Kunden überhaupt noch zu bedienen (Laufzeiten bei Autotouren von 6 Stunden waren noch "gut" in dem Sinne, dass wenigstens überhaupt noch geliefert werden konnte). Freitag waren viele Fahrer so abgenervt vom Vortag, dass sie gleich zu Hause geblieben sind. Und dann kam die Tourenflut, und alles wurde nochmal viel schlimmer. Wenn man an solchen Tagen von einzelnen Zentralen über Servicedefizite hört, dann hört man diese Dinge verstärkt von denjenigen Zentralen, die ohnehin mehr im Rampenlicht der Öffentlichkeit stehen. Das heißt aber nicht, dass andere Zentralen, über die nicht jeden Tag getratscht wird, nicht mit den selben Problemen zu kämpfen hätten.
Dann noch zu 632 wegen Anschlußpolitik im Winter:
Richtig ist, dass in den Zentralen bekannt ist, dass Januar/Februar im Kuriergeschäft traditionell auftragsschwache Monate sind. Entsprechend werden die Fahrerzahlen nicht unbedingt erhöht. Daraus abzuleiten, es gäbe im Winter keine Chance, irgendwo anzufangen, ist aber falsch. Es hören auch immer wieder im Winter Fahrer auf. Und dann müssen evtl. Lücken aufgefüllt werden.